Schönheitswahn in Zeiten der Emanzipation
Mit einem aufsehenerregenden Experiment startete Extremreporter Jenke von Wilmsdorff im Dezember 2020 seine neue Show „Jenke – das Experiment“ auf ProSieben. Das Thema: Schönheitswahn.
Sein Ziel war es, die optische Veränderung von Schönheitseingriffen mal richtig sichtbar zu machen. Dafür ließ er eine Gesichtshälfte mit mehreren operativen Schönheitseingriffen behandeln, während die andere Hälfte lediglich kosmetisch bearbeitet wurde. Nach Ende des Experiments ließ er diese Seite aber angleichen. Sollte das an dir vorbeigegangen sein – jetzt ist der Zeitpunkt, um das gewöhnungsbedürftige Ergebnis zu googeln!
Schönheitseingriffe, ob Operationen oder minimalinvasive Behandlungen, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Der Trend, sich zu optimieren, wächst – ob mental, charakterlich, beruflich oder eben optisch. Spitzenreiter der häufigsten ästhetischen Optimierungen bei Frauen in Deutschland sind aktuell Botox- und Hyaluron-Behandlungen, danach folgen Oberlidstraffungen, Fettabsaugungen und Brustvergrößerungen.
Ich bewege mich täglich in dieser oberflächliche Social-Media-Welt, in der realitätsferne Schönheitsideale propagiert werden. Natürlich beeinflusst mich das. Gleichzeitig setze ich mich als junge Frau mit dem System des Patriarchats und dessen Wirkungsmechanismus auseinander, weil ich Diskriminierung selber oder durch meine Freundinnen erfahre. Daher frage ich mich: Sind Feminismus und Schönheitseingriffe überhaupt vereinbar? Meinen Instagram-Algorithmus habe ich mir redlich versaut. Neben Teppichreinigungs-Kanälen, die in feinster Teleshopping-Manier mit nur einer Wischbewegung eines Nasssaugers braun verdreckte Textilien wieder weiß werden lassen und amüsanten bis entzückendem Baby-Content, finden sich nun auch zahlreiche Schönheitseingriffe in meinem Feed. Ich kann
nicht abstreiten, dass sie mich triggern. Genau wie die frisch gereinigte Couch finde ich es ziemlich satisfying, wenn dunkle Augenringe nach wenigen Minuten nicht mehr vorhanden sind. In den 70er-Jahren haben Feministinnen diese Oberflächlichkeit an den Pranger gestellt.
Eine Oberflächlichkeit, die von Männern diktiert wurde und sich in Kleidung, Make-up und Verhalten widerspiegelte.
Und heute? Heute sind Männer ebenfalls vom Schönheitswahn betroffen. Von 2017 auf 2018 verzeichnete der Verband der Schönheitschirurg:innen (VDÄPC) mehr als eine Verdopplung von Operationen bei Männern! Den gesellschaftlichen Druck, schön zu sein, gibt es schon länger, aber Social Media sorgt für eine Intensivierung – und das auch bei Männern. Der Drang, perfekt und ewig jung auszusehen. Dieser Druck wächst. Feminismus steht in erster Linie für selbstbestimmte Entscheidungen. Es geht darum, das Leben so zu führen, wie man es gerne möchte und dafür nicht verurteilt zu werden.
Feminismus bedeutet nicht Feminität, die Farbe Pink und Make-up zu verteufeln, sondern Frauen in ihren emanzipierten Entscheidungen zu bestärken. Auch wenn eine Welt, in der die #bodypositivity Bewegung vollständig Einzug hält, sehr erstrebenswert ist, müssen wir auch akzeptieren, dass ästhetische Optimierungen bereits heute ein Teil unserer Gesellschaft sind. Dabei sollten wir nicht schönreden, welches Risiko jeder noch so kleine Eingriff impliziert. Aber die Beweggründe können ganz unterschiedlich sein. Eine Oberlidstraffung kann auch nur eine einfache Oberlidstraffung sein – sowohl bei einer Frau als auch bei einem Mann.
Bildquelle: AbobeStock/@Jacob Lund
„Fazit: Was zählt Egal, ob Menschen sich für Schönheitseingriffe oder dagegen
entscheiden – sie haben es verdient, Gleichberechtigung zu erfahren.“